Yield-Management für alle

AHGZ - Ein Gastbeitrag zu Preistrategien in der Hotellerie

Immer mehr Hotels haben keine Preisliste – zu variabel sind die Preise je nach Buchungszeitpunkt, Zimmerkategorie und Arrangement. Statt Preislisten zu vergleichen, geht man heute ins Internet und verschafft sich über Online-Buchungsplattformen in Sekundenschnelle den fast perfekten Marktüberblick.

 

Sich in einem immer härter werdenden Wettbewerb zu behaupten, erfordert eine durchdachte Preisgestaltung. In Hotelketten wird mit ausgeklügelten Yield-Management-Programmen versucht, das Optimum an Ertrag herauszuholen. Doch auch dem mittelständischen Privat-Hotelier kann es durch eine intelligente Preisgestaltung gelingen, sich ein größeres Stück vom Nachfragekuchen abzuschneiden.

 

Zimmerkategorien bilden

 

Eine der grundsätzlichen Fragen bei der Preisgestaltung: Ist es besser, den Zimmerpreis mit oder ohne Frühstück auszuweisen? Vorteil der Preisangabe ohne Frühstück ist, dass der Preis auf den ersten Blick im Vergleich zu Mitbewerbern, die inklusive Frühstück anbieten, niedriger erscheint. Außerdem gibt es viele Gäste, die wenig Interesse am Frühstück haben und nicht gern bezahlen wollen für eine Leistung, die sie kaum beanspruchen. Es bietet sich also an, den Zimmerpreis ohne Frühstück zu veröffentlichen.

 

Nicht alle Gäste, die ein Hotel aufsuchen, haben die gleichen Bedürfnisse. Deshalb ist es gut, Zimmer verschiedener Kategorien anbieten zu können. Der eine möchte ein möglichst schönes Zimmer, der andere ein möglichst billiges, der dritte vor allem ein ruhiges. So lassen sich die größten und schönsten Zimmer als Premiumzimmer anbieten, die mittleren Zimmer als Komfortzimmer und die kleinsten als Standard- oder Economy-Zimmer. Selbst wenn alle Zimmer gleich geschnitten und ausgestattet sind, unterscheiden sie sich vielleicht bezüglich des Ausblicks oder der Ruhe und rechtfertigen somit einen Preisunterschied.

 

Mit den Premium-Zimmern schöpft der Hotelier die Ausgabebereitschaft der Gäste mit hohem Anspruch ab, mit dem Economy-Preis spricht er zusätzliche Zielgruppen an, die bisher vielleicht in einem anderen Betrieb übernachtet haben. Die ersten bringen mehr Umsatz durch höhere Preise, die zweiten mehr Umsatz durch höhere Auslastung.

 

Blick in Reservierungen

 

Ist ein Hotel bereits im Sommer für die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr komplett ausgebucht, sind seine Preise zu niedrig. Seine Preise sind marktgerecht, wenn es eine Woche vor Weihnachten sein letztes freies Zimmer verkauft. Das Geheimnis ist es, die Preise zu Terminen mit hoher Nachfrage so anzusetzen, dass sich Angebot und Nachfrage möglichst genau ausgleichen. Allerdings ist das leichter gesagt als getan. Ein Fehler wäre es, mit sehr hohen Preisen zu beginnen und bei ausbleibender Nachfrage die Preise allmählich zu senken. Genau umgekehrt muss die Strategie sein: vorsichtig mit normalen Preisen beginnen, ab einem bestimmten Vorbuchungsstand aber die Preise erhöhen. Der regelmäßige Blick in die Reservierungen ist dabei unentbehrlich. Zu allen Terminen, bei denen die Zimmerauslastung bereits ein halbes Jahr vorher über 25 Prozent liegt, sollten die Preise um einen Zuschlag erhöht werden. Ist man damit drei Monate vorher bereits bei 75 Prozent Auslastung angelangt, kann der Zuschlag noch einmal erhöht werden – eine Vollauslastung wird trotzdem ziemlich sicher sein.

 

Niedrigere Preise für Frühbucher sind übrigens eine faire Angelegenheit – kein Spätbucher wird sich daran stören, etwas mehr zu zahlen.

 

Beobachtet der Hotelier seinen Vorbuchungsstand, kann er später nach festen Regeln entscheiden. Für alle nachfrageschwachen Zeiten startet er mit einem Abschlag auf den Normalpreis und streicht diesen erst, wenn die Vorbuchungen einen bestimmten Stand überschritten haben. Mit der Zeit entwickelt jeder ein Gespür dafür, welcher zeitliche Vorlauf für einen Preisaufschlag der richtige ist. Denn je nach Betriebstyp ist das Buchungsverhalten der Gäste unterschiedlich. Der niedrige Startpreis hat übrigens noch einen psychologischen Vorteil für den Hotelier: Er senkt nie die Preise, sondern erhöht sie immer! Das ist Yield Management auf einfache Art und ohne Spezialsoftware. Die vorteilhafte Wirkung der Preisflexibilität auf den Gewinn eines Hotels lässt sich an einem fiktiven Vergleich zwischen dem Hotel „Stur“, das mit einem Einheitspreis arbeitet, und dem Hotel „Flex“, das seine Preise der Nachfrage anpasst, verdeutlichen (siehe Tabelle). 

 

 

Durch höhere Zimmerpreise in der Hochsaison und bessere Auslastung in der Nebensaison erzielt das Hotel mit flexibler Preisgestaltung bei gleicher Zimmerkapazität fast 100.000 Euro mehr Logisumsatz als sein Mitbewerber.

 

Übrigens sind hohe Preise für Nachfragespitzen keinesfalls unfaire Preistreiberei, sondern schlicht ein Gebot der wirtschaftlichen Vernunft. Denn hohe Preise veranlassen all diejenigen, die nicht terminlich gebunden sind, auf einen anderen Termin auszuweichen. Ohne Preisaufschlag hätte der Gast noch weniger die Chance, ein Zimmer zu seiner Wunschzeit zu bekommen. Oft kann man erleben, dass dem Gast bei der Reservierung per Telefon direkt im Hotel ein höherer Preis abverlangt wird, als wenn er über ein Online-Reservierungsportal buchen würde. Das ist wirtschaftlich unlogisch, weil es die Gäste in die Online-Reservierungsplattformen treibt, die vom Hotel hohe Provisionen verlangen und den Gast zudem auf preisgünstigere Mitbewerber aufmerksam machen. Also sollte man dem direkt anfragenden fast immer die gleichen Preise wie im Internet – oder sogar noch  eine günstigere Rate – anbieten.

 

Solange Hotels ausschließlich über Online-Buchungsportale wie HRS, Hotel.de und so weiter buchbar sind, fallen dafür jedes Mal Provisionen an. Jedes Beherbergungsunternehmen sollte sich daher zusätzlich eine Online-Buchungsmöglichkeit auf seiner eigenen Website schaffen.

 

Ob Urlaubs- oder Tagungsgäste: Der Hotelier sollte immer auch Pauschalangebote anbieten, die dem Gast eine einfache Kalkulationsgrundlage für seine Urlaubswoche liefern. Mit dem Wort Pauschale verbindet der Gast „preisgünstig“, auch wenn real der Preisvorteil nur gering ist.

 

Tipps für die Ausgestaltung von Hotelzimmerpreisen:

  •     Besser den Preis ohne Frühstück ausweisen, auf jeden Fall im Stadthotel
  •     Bilden Sie Zimmerkategorien mit unterschiedlichen Preisen!
  •     Differenzieren Sie Ihre Preise saisonal entsprechend der Nachfrage!
  •     Starten Sie immer mit niedrigen Preisen, und erhöhen Sie erst ab einem bestimmten Buchungsstand! Frühbucher-Rabatte statt Last-Minute-Schnäppchen!
  •     Bieten Sie günstige Direktbucher-Raten!
  •     Sorgen Sie für eine Online-Buchungsmöglichkeit über Ihre eigene Website!
  •     Schnüren Sie interessante Pauschalarrangements für Gäste mit Spezialinteressen!
  •     Schulen Sie Ihre Mitarbeiter in der richtigen Kommunikation Ihrer Preise und Spezialangebote!

 

Autorin: Dipl. Betriebswirtin Martina Carduck

Erschienen in der Allgemeinen Hotel- und Gastronomie-Zeitung, Ausgabe 2008/25

(Teil 9 der AHGZ -Serie zur Kalkulation)

überarbeitet am 23. Juni 2014