Gäste mit Psychologie bei Laune halten

AHGZ - Ein Gastbeitrag zum Thema Preiskalkulation in der Gastronomie

In den vergangenen Ausgaben beschäftigte sich die AHGZ-Kalkulationsserie mit der richtigen Berechnung von Preisen im A-la-carte-Geschäft, bei Banketten und Catering. Doch der Preis soll nicht nur rentabel sein, sondern auch den Gast in Bestelllaune versetzen. Um dies zu erreichen, muss man sich ein wenig mit der Wahrnehmungspsychologie befassen. Denn ihre Beachtung eröffnet zusätzliche Gewinnchancen.

 

Die Grundregel Nummer eins bei der Kommunikation der Preise lautet: die Gerichte nicht nach Preisen sortieren. In den meisten Speisekarten findet man das billigste Gericht zuerst, danach steigen die Preise von Gericht zu Gericht an. Diese Sortierung hat einen großen Nachteil: Der höchste Preis ist besonders auffällig, weil am Ende der Seite stehend. Der Gast scheut jedoch in der Regel das „teure Ende“ der Speisekarte, denn es bereitet ihm Unbehagen, sich das offensichtlich teuerste Gericht zu bestellen. Sind die Gerichte jedoch nicht nach Preisen aufsteigend sortiert, ist das teuerste Gericht weniger schnell erkennbar. Die Hemmschwelle, sich dieses Gericht auszusuchen, wird deutlich niedriger. Umgekehrt ist auch das billigste Gericht weniger auffällig und wird somit seltener gewählt.

 

Hohe Preise wirken grundsätzlich abschreckend – auch wenn das Preis-Leistungs-Verhältnis eigentlich stimmt. Es liegt in der Natur des Menschen, dass er lieber dreimal 5 Euro ausgibt als einmal 15 Euro. Die Schlussfolgerung für das Angebot: Mehr Kleinigkeiten auf die Karten setzen! Der Erfolg von Tapas und Sushi beruht stark auf diesem Effekt: Eine Tapa oder ein Sushi wird pro Stück berechnet und kostet „ja nur“ 3,50 Euro. Das sei nicht viel, das könne er sich leisten, denkt der Gast.

 

Zum Sattwerden braucht er zwar fünf Tapas oder Sushi, sodass er eigentlich mehr bezahlt als für ein normales Hauptgericht. Aber beim Bestellen ist der niedrige Einzelpreis im Kopf und nicht der hohe Gesamtpreis, der dann auf der Rechnung steht. Kleine, aber trotzdem nicht niedrige Preise können somit die Rentabilität verbessern.

 

Eine weitere Möglichkeit, die Preise weniger hoch aussehen zu lassen, ist die Extra-Berechnung von Beilagen. Der Edelfisch erscheint weniger teuer, wenn sich der Preis nur auf den Fisch selbst bezieht – die Beilagen jedoch extra bestellt werden müssen. Doch Vorsicht: Sind die Gäste ein solches System nicht gewohnt, kann zu Irritationen führen.

 

Kleine Schritte

 

Viele Gastronomen sind bei Preiserhöhungen sehr vorsichtig und warten damit zu lange. Dies führt dazu, dass die Preisanpassungen dann, wenn sich der Schritt nicht mehr umgehen lässt, umso größer ausfallen und die Gäste auf die Sprünge schockiert reagieren – und schlimmstenfalls sogar abwandern. Preiserhöhungen sollten deshalb fortlaufend in kleinen Schritten, aber niemals in einem großen Rundumschlag vorgenommen werden. Im Vorteil sind dabei Betriebe, die ihre Speisekarte regelmäßig jede Woche oder jeden Monat wechseln, weil sie eine saison- und marktorientierte Frischeküche haben. Preiserhöhungen bei Speisen sind bei wechselndem Angebot kaum auszumachen. Bei Getränken sollten in regelmäßigen Abständen ein oder mehrere einzelne Getränke angepasst werden. Somit gerät der Gastronom nicht in Rückstand zur allgemeinen Teuerung. Außerdem fällt die Preiserhöhung eines einzelnen Getränks weniger auf. So spürt er auch kaum Unmut von Seiten der Gäste.

 

Noch besser lassen sich Preiserhöhungen durchsetzen, wenn sich gleichzeitig die Leistung verbessert. Beispielsweise, indem die Preiserhöhung für den Kaffee mit der Einführung eines neuen Porzellans zusammenfällt und zum Kaffee zusätzlich ein Keks gereicht wird. Besonders vorteilhaft: Wenn durch eine neue Kaffeemaschine bessere Qualität liefert.

 

Neben Preiserhöhungen, die gestiegene Kosten ausgleichen und eigentlich eine passive Reaktion auf Rahmenumstände darstellen, sollte auch unabhängig von der allgemeinen Preisentwicklung aktiv versucht werden, das Preisniveau zu heben. Den Rennern auf der Karte gilt dabei besonderes Augenmerk. Wenn sie deshalb so beliebt sind, weil sich an ihnen nichts verdienen lässt, dann nützt der hohe Absatz nichts.

 

Um dies herauszufinden, hilft am besten eine testweise Preiserhöhung um 1 oder 2 Euro beim Lieblingsgericht der Gäste. In dieser Phase muss natürlich der Verkauf überwacht werden: Bestellen die Gäste noch genauso oft ihr Renner-Gericht? Hat sich der Deckungsbeitrag, der mit dem Gericht bisher erzielt wurde, erhöht? Um saisonale Einflüsse auszuschließen, sollten die Zahlen am besten mit dem entsprechenden Vorjahresmonat verglichen werden (siehe nebenstehende Kalkulationstabelle). 

Mut zur Preiserhöhung

 

Mit der Erfolgskontrolle lässt sich an diesem Beispiel feststellen, dass durch die Preiserhöhung um 1,60 Euro zwar die Nachfrage um 10 Prozent gesunken ist. Trotzdem wurden aber in der Phase der Preiserhöhung 130 Euro mehr verdient.

 

Dies sollte Mut machen, auch bei anderen gut laufenden Gerichten über Preiserhöhungen nachzudenken. Im Übrigen müssen Preisanpassungen nicht immer nur nach oben gehen. Manchmal empfiehlt es sich auch, mit Preissenkungen zu experimentieren – zum Beispiel ein Gericht als Sonderangebot zu testen. Dieses muss offensiv kommuniziert werden, etwa durch eine rote Umrandung auf der Karte oder aktiven Verkauf durch das Personal. Bringt das Sonderangebot unter dem Strich ein Minus, wird die Aktion nicht wiederholt. Wenn sich die Verkaufszahlen jedoch so stark erhöhen, dass trotz Preissenkung mit dem Gericht oder Getränk mehr verdient wird als zuvor, lohnt sich eine dauerhafte Preissenkung.

 

Tipps für die Preisgestaltung:

  •     Die Gerichte und Getränke nicht nach Preisen sortieren!
  •     Durch kleine Gerichte mehr „kleine“ (aber nicht niedrige) Preiseanbieten!
  •     Preiserhöhungen laufend in unauffälligen Einzelschritten vornehmen!
  •     Leistungsverbesserungen erleichtern die Durchsetzung von Preiserhöhungen!
  •     Wagen Sie Preiserhöhungen bevorzugt bei Rennern und kontrollieren Sie die Auswirkung Ihrer Preiserhöhungen auf den Gewinn!
  •     Auch Preissenkungen können Ihren Gewinn steigern!

 

Autorin: Dipl. Betriebswirtin Martina Carduck

Erschienen in der Allgemeinen Hotel- und Gastronomie-Zeitung, Ausgabe 2008/24

(Teil 8 der AHGZ -Serie zur Kalkulation)

überarbeitet am 23. Juni 2014